Leider unterstützen wir Internet Explorer nicht mehr.

Bitte verwenden Sie Microsoft Edge, Google Chrome oder Firefox.

Finde die besten Architekten in deiner Nähe
>
Ratgeber-Übersicht
>
Die Karyatide als weibliche Verkörperung der Säule in der griechischen Architektur

Die Karyatide als weibliche Verkörperung der Säule in der griechischen Architektur

Die Architektur der alten Griechen bot nicht nur riesige Tempel, Bäder und Prachtbauten, sie folgte auch einem spezifischen ästhetischen Sinn. Das Erscheinungsbild eines Gebäudes war von wunderschönen Frauenstatuen geprägt, die Karyatiden genannt wurden und die die Lastenträgerinnen des Dachgiebels waren, ähnlich wie Atlanten, die die Aufgabe in männlicher Form erfüllten und die Welt trugen. Später übernahmen Architekten in Anlehnung griechischer Vorbilder die weibliche Statue und stellten sie teilweise auch mit entblösster Brust oder gerafftem Tuch dar. Im antiken Griechenland dagegen trugen sie immer lange Gewänder.

Was ist eine Karyatide?

Die griechische Baukunst und Säulenordnung folgte strengen Vorgaben. Neben den typischen dorischen und ionischen Säulen waren auch Figuren üblich, die durch ihre Form die Säule ersetzten oder ergänzten. Dazu gehören Karyatiden und Atlanten, weibliche und männliche Figuren. Die Karyatide trägt bei einem Bauwerk Dach, Architraven und Ziergiebel. Die Figuren konnten sehr gross ausfallen und unterlagen einer bestimmten Anordnung im Abstand und in der Ausführung. Sie bestimmten die Fassadengliederung wie Ornamente und Dachelemente. Die Karyatiden waren im klassischen Entwurf der Architekten grundsätzlich bekleidet und trugen lange Gewänder, die als Peplos oder Chiton bezeichnet wurden. Die Beine waren geschlossen oder leicht versetzt, während ihre Körperhaltung gerade blieb. Wenn du diese Ruinen und Ausgrabungen in Griechenland heute besuchst, sind die Statuen farblos. Anders war das in der Antike. Die Figuren waren fast immer bunt bemalt und sind dann über den langen Zeitraum ihrer Existenz hinweg ausgebleicht. Bewundern kannst du sie beispielsweise auf der Akropolis in Athen, an der Korenhalle an der Südseite des Erechtheions. Sie gehörten zum Reichen Stil und wurden auch später im Manierismus nachgeahmt. Die klassische Form stellte immer ein Mädchen dar, das die Last auf dem Kopf trug.

Was sind Atlanten?

Die männliche Statue als Gegenpart zu den Karyatiden waren Atlanten. Sie trugen die Last nicht nur auf dem Kopf, sondern nahmen zur Unterstützung die Hände. Sie hatten Atlas zum Vorbild, der in der griechischen Mythologie der titanische Himmelsträger war. Die Figuren waren ähnlich überlebensgross, besassen männliche und muskulöse Körperfiguren und ersetzten die Säule. Die Römer übernahmen die Bauweise und nannten die Atlanten Telamon. Sie standen nicht gerade, sondern leicht vornüber gebeugt. Die Last wirkte damit schwerer als bei den Karyatiden, die Leichtigkeit vermittelten. Männliche Figuren wurden von Architekten der Renaissance, des Barocks und des Rokokos und auch im Klassizismus nachgeahmt und übernommen.

Welche Funktion hat die jeweilige Statue neben der einer Säule?

Die Karyatiden und die Atlanten als Statue und Skulptur hatten nicht nur eine ästhetische, sondern auch eine tragende Funktion innerhalb der Architektur der Antike. Sie ersetzen die dorischen und ionischen Säulen oder andere Pfeiler und orientierten sich im Wuchs an diesen. Sie stützten Gesimse, Portale und Balkone in einer eleganten Leichtigkeit, wobei gerade die weibliche Statue auch Gelassenheit und Erotik verkörperte. Aufgabe beider Figuren war entsprechend, die Säulen in direkte Bilder und Darstellungen umzuwandeln, ohne den praktischen Nutzen zu verlieren.

Woher stammt die Bezeichnung der weiblichen Statuen?

Wo die Bezeichnung für die Bauplastik ihren Ursprung nahm, ist nicht ganz geklärt. Zum einen gibt es die Theorie, dass die Karyatiden Mädchen aus der Ortschaft Karyai in Lakonien darstellen sollten, die zum Lastentragen verurteilt wurden, wenn sie Kontakt zu den feindlichen Persern hatten. Eine andere Legende besagt, dass sie Sklavinnen aus Karyai waren, nachdem deren männliche Einwohner getötet worden waren. Als Hinweis auf ihre Dienstbarkeit zeigten sie dann das Lastentragen als reine Stützfigur. Eine weitere These spricht davon, dass es sich bei Karyatiden um Jungfrauen handelt, die im Tempel von Karyai auf dem Fest der Artemis tanzten.

Was ist die Aufgabe der Karyatide?

Karyatiden waren feinsinnig abgestimmte Werkzeuge der Architektur und vermittelten durch ihre Eleganz und Grösse eine eindrucksvolle Harmonie. Neben ihrer typischen optischen Wirkung im langen Gewand und mit freistehender Position, die die Last auf dem Kopf trägt, ist die Statue das tragende Element, das gleichzeitig durch die Instabilität des menschlich dargestellten Körpers die logisch abstrakte Form auflöst. Die gesamte geordnete Statik ist für das Auge nicht mehr visuell nachvollziehbar, während die Figuren den eigentlichen Säulenschaft oder Pfeiler komplett ersetzen. Ein Gebäude wirkt dadurch völlig anders als mit glatten und nebeneinander stehenden Säulen. Übrigens: Tragen die Figuren zusätzlich einen Tragekorb auf dem Kopf, heissen sie Kanephoren. Sie gehen auf die Frauen aus vornehmen griechischen Familien zurück, die im Korb auf dem Kopf die Geräte und Werkzeuge für die Opfergaben trugen. Vermehrt wurden sie als Gebälkträgerinnen auf Gebäuden, aber auch auf Vasen und als Schmuckstatuen dargestellt.

Wodurch rückt die Leichtigkeit der Statue ins Blickfeld?

Die weibliche Figur steht auf einer schmalen Platte, die gleichzeitig die Basis bildet. Sie trägt dazu über dem Haupt ihre Last auf dem Haupt, ohne die Hände zur Unterstützung zu gebrauchen. Die Last sind Dach und Gebälk. Die Leichtigkeit verstärkt sich optisch durch die versetzte Schritthaltung. Das linke Bein ist nach vorne versetzt und evoziert die Schrittbewegung. Dabei schwingt die Hüfte ganz leicht zur Seite. Während die Karyatide so Bewegung versinnbildlicht, ist ihre eigentliche Funktion die Stabilisierung des Gebäudes. Das steht in einem faszinierenden Widerspruch zueinander und stellt eine Meisterleistung der Griechen innerhalb der Architektur dar.

Für welche Bauwerke wurden auch später Karyatiden in der Architektur verwendet?

Die griechische Baukunst fand erneute Beachtung in der europäischen Architektur, besonders in Barock und Klassizismus und später im Manierismus. Über die Gebäudegestaltung hinaus war die Karyatide dann auch als Wandverkleidung, als Dekoration für Sitzmöbel, Leuchter, Betten und Tische beliebt. Als sie aus der Architektur im 20. Jahrhundert allmählich wieder verschwand, war sie trotzdem auf Magazinen und Werbetafeln zu finden und stellte damit die antike Version heutiger Fotomodells dar. Einige behaupten, dass die Architektur seit dem 18. Jahrhundert nicht mehr in eigenen Stilen existiere, sondern ein Gemisch aus verschiedenen Stilelementen bilde, die moderne Gebäude nur noch mit Variationen antiker Ideen verkleide. Aber die weibliche Figur war schon vor den Griechen Thema der Architektur, darunter in der ägyptischen und vorderasiatischen Kunst. Bekannte Bauwerke und Innensäle, die mit männlichen und weiblichen Figuren ausgeschmückt wurden, sind:

  • Schloss Sanssouci in Potsdam
  • Palais Pallavicni in Wien
  • Louvre in Paris
  • Parlamentsgebäude Wien
  • Neue Galerie in Kassel

Der Architektvergleich für die Schweiz. Finde die besten Architekten in deiner Nähe - mit Preisen und Bewertungen!

Das könnte dich auch interessieren

Fassadenbegrünung – ein Beitrag zu Umweltschutz, besserer Luft und mehr Grün in der Stadt

Die Begrünung von Gebäuden bietet selbst in grossen, eng bebauten Städten die Chance, grüne Oasen zu schaffen. Begrünte Fassaden tragen zur Verbesserung der Luftqualität bei und schaffen als vertikale Gärten wertvollen Lebensraum für Vögel, Insekten und Kleintiere. Das Grün an den Wänden sieht nicht nur attraktiv aus, im Winter senkt es auch den Energieverbrauch und im Sommer schützt es vor Hitze. Wir informieren über Vor- und Nachteile, stellen geeignete Pflanzen vor und zeigen dir, welche Aspekte der Fassadenbegrünung in die Planungsgrundlagen einfliessen sollten.

Zwangsversteigerungen von Grundstücken – Risiko oder Chance?

Immer wieder sind Immobilien und Grundstücke bei Zwangsversteigerungen erhältlich, die deutlich unter dem Marktpreis ersteigert werden können. Die vorab erhältlichen Informationen über die Grundstücke sind aber vielfach nicht vollständig und ein Kauf ist mit Risiken verbunden. Welche das sind, was du beachten musst, wenn du ein solches Grundstück erwirbst, wie eine Zwangsversteigerung abläuft, wer mitbieten darf, warum ein Doppelaufruf für dich als Käufer von Vorteil sein kann – all das und weitere Informationen über Zwangsversteigerungen von Grundstücken erfährst du hier.

Grundrisse zeichnen: Tipps und Infos für die optimale Raumplanung

Passt das Bett unter die Dachschräge? Bietet das Wohnzimmer ausreichend Platz für meine Möbel? Gibt es genug Abstellflächen? Mit Grundrissen kannst du Räume optimal planen und visuell darstellen. Sie sind ein wesentliches Instrument bei der Planung eines Hausbaus. Aber auch für anstehende Umbaumassnahmen ist ein Bauplan sehr hilfreich. Wenn du den Grundriss eines Raumes oder eines Hauses zeichnen möchtest, gibt es einige Aspekte zu beachten. Wir erklären dir, warum ein Grundriss wichtig ist und wie du selbst einen Grundriss zeichnen kannst. Ausserdem erhältst du hilfreiche Tipps und Infos für die adäquate Raumplanung.

Visualisierungen in der Architektur: Wichtige Tools für Architekten

Architekten arbeiten täglich mit Visualisierungen. Früher waren Skizzen weit verbreitet. Auch heute müssen Architekten noch das technische Zeichnen bezeichnen, aber sie arbeiten immer auch mit Renderings. Dabei handelt es sich um digitale Architekturvisualisierungen, die dabei helfen, grosse Projekte zu planen und die gewünschte Immobilie aus allen Perspektiven zu sehen. In diesem Beitrag erfährst du mehr über Visualisierungen in der Architektur, über die Ideen von Architekten und über die Anwendung moderner Technologien für Bauvorhaben, Rundgänge und weitere Zwecke. Zudem erklären wir dir, welche Möglichkeiten die 3D-Visualisierung bietet.

Terrassengeländer – die perfekte Begrenzung für die eigene Terrasse

Du planst den Bau eines modernen und professionellen Terrassengeländers? Dann kommt es auf eine gute Planung an. Wir möchten dir zeigen, wie du den geeigneten Bausatz findest und welche Faktoren für ein erfolgreiches Projekt entscheidend sind. Auch die Wahl der Materials ist von Bedeutung: Soll es ein Glasgeländer sein oder priorisierst du doch ein modernes Brüstungsgeländer? In diesem Beitrag erfährst du, wo die jeweiligen Vorteile der einzelnen Materialien liegen und welchen Nutzen dir ein professionell montiertes Geländer bringt.

Sakralbau – von der Antike bis zur Gegenwart

Der Sakralbau hat eine wesentliche Bedeutung im architektonischen Gefüge und in der Entwicklung einer Region. Er ist Ausdruck seiner gemeinschaftsstiftenden Funktion, zeugt von Macht und Stärke, demonstriert Wehrhaftigkeit. In vergangenen Jahrhunderten bildeten Kirchen- und kultische Bauten zusammen mit Gebäuden weltlicher Macht das Zentrum von Stadt oder Dorf. Heute zeugen Sakralbauten von der Geschichte, spiegeln die Entwicklung ganzer Völker, geben Aufschluss über Kunst-, Bau- und Handwerkstechniken. Für viele Menschen geht ihre Bedeutung weit über die historische Herkunft und kulturelle Informationen hinaus. Sie sehen in einem Sakralbau vor allem den Ort des Kultus, der ihnen zur Ausübung ihrer Religion und Andacht dient.